Cristina Campean

Cristina Campean

 
Mattig-Suter und Partner Schwyz

Neue Mindeststeuer:
staatliches Ausmisten mit heftigen Nebengeräuschen
 

Die rumänische Regierung führte im Eilverfahren eine Mindeststeuer für Unternehmen ein, die am 1. Mai 2009 inkraftgetreten ist. Das neue Gesetz soll einerseits die Staatseinnahmen aufrunden und anderseits nicht deklarierte Einkünfte ans Licht bringen.
«Wenn du dem Staat nicht einmal 500 Euro im Jahr bezahlen kannst, dann schliesse lieber! Wir können weder Investitionen fördern noch andere wirtschaftlichen Mass- nahmen ergreifen, wenn die Unternehmen keine Steuern bezahlen», so der rumänische Finanzminister Gheorge Pogea, der das Gesetz eingeleitet hat. Unter Druck gesetzt vom Internationalen Währungsfonds (IWF), der EU-Kommission und der Weltbank sah sich die rumänische Regierung genötigt, wirtschaftspolitische Sofortmassnahmen als Voraussetzungen für die Billigung des Milliardenkredits an Rumänien umzusetzen. In der Folge wurden durch die Eilverordnung vom 11. April 2009 das Staatsbudget 2009 korrigiert und Änderungen im Steuergesetz vorgenommen. Diese sollen explizit zur Verminderung des Haushaltsdefizits beitragen.
 
Heftige Debatten lösten vor allem die neuen Fiskalregeln aus, darunter insbesondere die Einführung einer Pauschalsteuer auf Geschäftstätigkeiten – unabhängig von der wirtschaftlichen Leistung. Die so genannte Mindeststeuer hat kurz vor ihrem Inkrafttreten am 1. Mai 2009 zu hitzigen Diskussionen und langen Warteschlangen vor den rumänischen Handelsregisterämtern geführt.
 
Berechnet wird die neue Steuer nicht auf Gewinnbasis, sondern gemäss erzieltem Umsatz. Demzufolge muss ein Unternehmen – selbst wenn es Verluste schreibt – der Staatskasse einen Mindestbetrag abliefern. Die Mindeststeuer hat degressiven Charakter, d. h. Unternehmen mit niedrigerem Gewinn zahlen prozentuell mehr Steuern als solche mit höherem Einkommen. Der Mindestbetrag beläuft sich von ca. EUR 500 jährlich bei einem Umsatz von unter EUR 12'000 (4.16%) bis zu ca. EUR 10'000 bei einem Jahresumsatz von über EUR 30 Mio. (0.03%) (siehe Tabelle).
 

Mindeststeuer: Beträge 2009

Jahresumsatz RON (EUR)

Mindeststeuer RON (EUR)

0 – 52'000 (0 – 12'000)
2'200 (500)
52'001 – 215'000 (12'000 – 50'000)
4'300 (1'000)
215'001 – 430'000 (50'000 – 100'000)
6'500 (1'500)
430'001 – 4'300'000 (100'000 – 1 Mio)
8'600 (2'000)
4'300'001 – 21'500'000 (1 Mio – 5 Mio)
11'000 (2'500)
21'500'001 – 129'000'000 (5 Mio – 30 Mio)
22'000 (5'000)
Über 129'000'001 (über 30 Mio)
43'000 (10'000)
 
Weiterhin gilt: Betriebe, die einen Gewinn erwirtschaften, müssen 16% Gewinnsteuer zahlen. Voraussetzung ist aber, dass der Steuerbetrag nicht unter der Mindestgrenze liegt, die für den entsprechenden Jahresumsatz zu entrichten ist. Dieselbe Massnahme gilt für Mikrounternehmen, deren Besteuerung bis dato bei 3% lag.
 
Die rumänischen Unternehmer betrachten die Mindeststeuer als eine wirtschaftsfeindliche Massnahme, die ca. 40'000 Kleinunternehmen in den Bankrott treibe. Tatsächlich sind die Firmenliquidationen im April 2009 laut offiziellem Handelsregister im Vergleich zum Vorjahr um 302% explodiert. Zudem haben viele Unternehmer ihre Aktivitäten eingestellt (344% mehr im Vergleich zum Vorjahr). Steuerexperten rechtfertigen die Mindeststeuer als einen Beitrag für den administrativen Aufwand, nutzen Unternehmen doch die staatliche Infrastruktur. Es ist darum nicht zu übersehen, dass auf diese Weise grösstenteils inaktive Firmen aus ihrem unternehmerischen «Winterschlaf» wachgerüttelt wurden.
 
Unternehmer argumentieren, das neue Steuergesetz nehme keine Rücksicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Betriebe. Die zusätzliche Belastung löse einen Schneeballeffekt aus, indem sie das Unternehmensvermögen vermindere, Arbeitsplätze gefährde, die staatlichen Ausgaben erhöhe und die Inflationskurve in die Höhe treibe. Der Teufelskreis schliesst sich genau dort, wo er beginnt – beim Haushaltsdefizit. Zugespitzt kann man sagen, dass die Mindeststeuer lediglich die Risikobereitschaft und Initiative eines typischen Unternehmers in Rechnung stellt.
 
Wirtschaftsexperten begrüssen die Mindeststeuer als eine nötige Massnahme, um der Steuerhinterziehung durch Mikrounternehmen ein Ende zu setzen. Ob nun die neue Steuer mittelfristig die geplanten EUR 84 Mio an zusätzlichen Budgeteinnahmen erzielt oder nicht. – Sie hat einen Stein ins Rollen gebracht, der zu einer betrieblichen Flurbereinigung und Entlastung der staatlichen Administration beisteuert. Allerdings bleibt die Frage nach der Effizienz dieser Massnahmen offen. Wirtschaftsexperten befürchten, dass die Steuerlast die Schattenwirtschaft ankurbelt. Die Regierung beabsichtigt, die zusätzlichen Einnahmen in Projekte mit Multiplikatorfunktion zu investieren. Egal, was sich durch die Einführung der Mindeststeuer abzeichnet – es ist nicht mehr als ein schwaches Bild in hellen Grautönen…
 
Information, May 2009